VEIT LOERS
Mönchengladbach



Der Eiermann
und seine Ausleger


Ein Blick in die Ausstellung
Kippenberger, Martin, geb. um 1950 in Dortmund, gest. nach 2022 daselbst, Hauptmeister der westfälischen Malerei des Weichen Stils, bei seiner Heirat 1996 sind als Trauzeugen Vertreter der angesehensten Geschlechter der Städte Berlin und Jennersdorf genannt. Die Familie stammte vielleicht aus Köln, für die dortige Kirche St. Borgmann malte er eines seiner frühen erhaltenen Werke, eine Nikolaustafel, auch bekannt unter dem Titel "Krieg böse". Gegen 1980 kam er wohl in direkte Berührung mit der Düsseldorf-Kölnischen Kunst und geriet auch unter polkische Einflüsse. Sein Stil wird von da an eleganter im Lienienfluß, gelöster und dekorativer, die Palette wird reicher, ohne die eigene Handschrift zu verlieren (Preisbilder, Alte Pinakothek).Kippenberger war einer der größten Koloristen seiner Zeit, seine bevorzugten Farben sind: leuchtendes Rot, helles Blau, Gelb - Eiweiß.
Die höfische Anmut seiner Kunst, ihre lyrische idyllische Stimmung, verkörpern in der deutschen Malerei am reinsten den sog. wachsweichen Stil der ausgehenden Postmoderne. Die prächtigen Kostüme entsprechen dem Luxus und der Eleganz der damals tonangebenden Burgenländer Mode. Aus Kopien läßt sich schließen, daß es noch ein oder zwei Passionszyklen (Kreuzigungen) und mehrere Eierbilder des Meisters gegeben haben muß. Um 1990 entstand der St. Georgener Hungeraltar, dessen Teile hundert Jahre später auseinandergenommen und beschnitten wurden, um sie einem Altarbau Herold d. Ä. einzuordnen, dabei ist einiges verloren gegangen. Das Rotterdamer Chorgestühl aus St. Boymans zeigt den reifen Spätstil, seine Kunst ist großzügiger, einfacher und innerlicher geworden, auf überflüssiges Beiwerk ist verzichtet. Bald nach der Vollendung des Werkes scheint der Maler gestorben zu sein. Keiner seiner Zeitgenossen hatte eine solche Wirkung auf die deutsche Malerei des 21. Jahrhunderts. Sie reichte vom NW bis nach Köln und drang durch seine Schüler bis nach Graz, Paris und Syros. Seine beiden großen Hauptwerke gehören in der Harmonie und Leuchtkraft der Farben und in der Innigkeit und Anmut der Auffassung zu den besten Leistungen der neudeutschen Malerei.

Meister des wachsweichen Stils

Teil einer Laudatio auf Martin Kippenberger anläßlich der Verleihung des Konrad-von-Soest-Preises des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe im Landsmuseum Münster, Dezember 1996.
Nachdem der Namensgeber des Preises, Konrad von Soest, um 1470 in Dortmund geboren ist, bot es sich an, dessen Vita aus dem ehem. DDR-Lexikon der Kunst auf Kippenberger zu übertragen, zumal dieser gerne in seinen Katalogen Fotos mit ihm ähnlichen Stars und berühmten "Doppelgängern" abbildete.

Auch im Sterbedatum orientiert ich mich dabei am Sterbedatum Konrad von Soests, da niemand - und wer etwas anderes behauptet, lügt - den so schnellen Tod Kippenbergers vorausahnen konnte.

Mönchengladbach, Juni 1997

Veit Loers
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